Eine neue Kommunikationssparte ist entstanden: das Employer Branding. Nicht allen gefällt das gut. Zuständigkeiten werden hinterfragt, Abläufe durcheinandergewirbelt, Pfründe bedroht. Wer darf was, was soll das - und wer bezahlt? Mancher malt, wie Prof. Lothar Rolke, ein Schreckgespenst an die Wand, siehe "
HR + PR: Warum eine neue Kommunikationssparte entsteht" vom 31. März. Machen jetzt auch noch die HR’ler Kommunikation statt Administration? Bringt das nicht alles durcheinander? Unternehmen haben ohnehin ausreichend mit internen Abstimmungen zu kämpfen.
Wem gehört das Employer Branding?Das Knowhow für die Arbeitgebermarke hat nur...
... die Unternehmenskommunikation. Weil sie ohnehin jeden Tag für das Unternehmen spricht, zu allem Stellung bezieht und für die gesamte Außendarstellung zuständig ist?
... das Marketing. Hat nur das Marketing eine Ahnung davon, was Markenbildung wirklich bedeutet, welche Agenturen was können und leisten müssen?
... die HR-Abteilung. Versteht nur die HR-Abteilung das Personal wirklich? Kommuniziert nur sie jeden Tag mit Mitarbeitern und Bewerbern und weiß praktisch exklusiv, wie das Unternehmen von den Menschen als Arbeitgeber wahrgenommen wird?
... der Vertrieb. Weil er es ist, der draußen, am POS, mit Mitarbeitern an der Front und den Endverbrauchern spricht? Weil nur er einen ungetrübten Blick auf Unternehmens-, Arbeitgeber-, und Produktimage hat?
Meiner Ansicht nach liegt es nicht am Mangel an HR'lern im Marketing, dass wir derzeit ein eher mäßiges Niveau des Employer Brandings erleben.
Warum ist das Niveau so mäßig?Fünf Thesen:
1 Die Rechte weiß nicht, was die Linke tutSowohl nach meinen eigenen Erfahrungen wie auch nach denen meiner Kollegen und Freunde aus der Werbung behaupte ich: In den Unternehmen weiß eigentlich niemand wirklich, was die Fachabteilung nebenan macht. Personalanzeigen werden nicht mit dem Marketing oder mit dem Corporate Branding abgestimmt, Karrierebereiche nicht mit den HR- Abteilungen, die HR-Aktivitäten im Social-Web nicht mit der Unternehmenskommunikation. Das totale Chaos, eigentlich. Wetten?
2 Macht ist wichtiger als ErfolgEs geht den Fachabteilungen nicht um den Erfolg. Sie wollen ihre Macht erhalten: "The composition of the firm ist not given; it is negotiated. The goals of the firm are not given: they are bargained"(March, 1962, zitiert in
Karl Sandner "Prozesse der Macht"). Bedauerlicherweise sind in den größeren Unternehmen viele Kollegen eher damit beschäftigt, ihre Position/Abteilung/Themen zu sichern, als sich einer höheren Idee, bzw. dem Erfolg des Unternehmens zu widmen. Das heißt: Die Fachabteilungen arbeiten nicht nur faktisch nicht zusammen, sie wollen das auch gar nicht.
3 Die Entscheider wollen auch nichtArbeitgebermarken bildet man nicht in einem Quartal, sondern über Jahre. Zwar haben Entscheider erkannt, dass eine gute Arbeitgebermarke ein wertiges Ziel darstellt. Um dieses Ziel zu erreichen, braucht man jedoch einen langen Atem. Nur – irgendwie fühlen sich die Erträge dann immer so soft an, wenig greifbar, schwierig zu messen. Und dann der ganze Stress mit der Harmonisierung der Fachabteilungen!
4 Viele Absichten (heisse Luft also), wenig echte BudgetsIch höre so oft: Ja wir haben wirklich dringend Bedarf. Und ja, der demographische Faktor schlüge demnächst durch, das hätte man erkannt. Ja, das Web 2.0 sei zwar auch ganz wichtig, aber das koste ja so viel Zeit, so viele Ressourcen! Vor allem ist nicht klar, welche Töpfe wem in diesem Zusammenhang zur Verfügung stehen. Kommt man am Ende zum Schluß, dass man immerhin überhaupt Geld für die Arbeitgebermarke bereitstellen will, werden in Anbetracht der sich anbahnenden Schwierigkeiten lediglich Miniatur-Budgets bereitgestellt.
5 Mit babylonischem Gequatsche werden gute Ideen der Werber zerredet Entscheidet sich ein Unternehmen schließlich dafür, das Profil der Arbeigebermarke zu schärfen und eine Employer-Branding-Kampagne anzugehen, ist der Weg trotzdem noch lange nicht zu Ende. Dann werden Konzepte monatelang zerredet, denn jeder will nun doch beteiligt werden und fühlt sich plötzlich zuständig. Es wird gebrieft, gedacht, rebrieft, weiter entwickelt und nochmal nachgedacht - und dann bekommt man das, was man eigentlich nicht wollte: Ein austauschbares Etwas, das den Namen "Employer-Branding-Kampagne" nicht verdient. Wenn man irgendetwas so sicher nicht schärft, dann ist das die Arbeitgebermarke.